Angriffe auf Journalisten in Konfliktgebieten
Der Kampf für die Pressefreiheit
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Journalisten sind in Konfliktgebieten immer öfter Gewalt ausgesetzt, besonders in Zeiten von wahlloser Kriegsführung. Das Völkerrecht hat Regeln aufgestellt, die Journalisten und Medienschaffende schützen, auch die, die aus Kriegsgebieten berichten. Doch leider wird dieser Schutz immer häufiger missachtet, genauso wie das humanitäre Völkerrecht im Allgemeinen.
Was sagt das Völkerrecht eigentlich über Pressefreiheit? Wie sollten Journalisten und Journalistinnen in Konfliktgebieten behandelt werden? Klicken Sie weiter, um mehr zu erfahren.
Angriffe auf Journalisten in Konfliktgebieten
Journalisten sind in Konfliktgebieten immer öfter Gewalt ausgesetzt, besonders in Zeiten von wahlloser Kriegsführung. Das Völkerrecht hat Regeln aufgestellt, die Journalisten und Medienschaffende schützen, auch die, die aus Kriegsgebieten berichten. Doch leider wird dieser Schutz immer häufiger missachtet, genauso wie das humanitäre Völkerrecht im Allgemeinen.
Was sagt das Völkerrecht eigentlich über Pressefreiheit? Wie sollten Journalisten und Journalistinnen in Konfliktgebieten behandelt werden? Klicken Sie weiter, um mehr zu erfahren.
Shireen Abu Aqleh
Am Morgen des 11. Mai 2002 berichtete die bekannte palästinensisch-amerikanische Journalistin Shireen Abu Aqleh über eine israelische Razzia im Flüchtlingslager Jenin im nördlichen Westjordanland.
Mit Helm und Weste
Shireen stand zusammen mit drei anderen Journalisten, die alle Splitterschutzwesten und Helme trugen, die sie eindeutig als Pressevertreter auswiesen. Plötzlich wurden Schüsse auf die Gruppe abgefeuert.
Auf der Stelle gestorben
Eine erste Kugel traf Shireens Kollegen Ali al-Samoudi, der den Angriff überlebte. Eine zweite Kugel traf Shireen in den Kopf. Sie war auf der Stelle tot.
Das Bild zeigt den Ort, an dem Shireen getötet wurde.
Vorsätzliche Straftat
Ibrahim Melhem, Sprecher der Palästinensischen Autonomiebehörde, verurteilte die Tat als gezieltes Verbrechen "an einer bekannten Journalistin". Nach späteren Untersuchungen wurde festgestellt, dass Shireen vermutlich von einem israelischen Scharfschützen erschossen wurde.
Über 135 JournalistInnen im Libanon und Gaza getötet
Unter den Zehntausenden, die seit Beginn des jüngsten Krieges im Oktober 2023 im Gazastreifen und im Libanon getötet wurden, waren über 135 JournalistInnen und MedienmitarbeiterInnen. Auch ihre Familien wurden im Zuge der gewalttätigen Eskalation zur Zielscheibe.
Hohe Todeszahl
Im Februar 2024 gaben die Vereinten Nationen eine Erklärung ab, in der sie auf die "außerordentlich hohe Zahl von JournalistInnen und Medienschaffenden hinwiesen, die in den letzten Monaten in den besetzten palästinensischen Gebieten, insbesondere im Gazastreifen, unter eklatanter Missachtung des Völkerrechts getötet, angegriffen, verletzt und inhaftiert wurden".
Berichterstattung für die Aufdeckung von Gräueltaten unerlässlich
JournalistInnen sind für die Beschaffung von Informationen über bewaffnete Konflikte unerlässlich. Durch ihre Berichterstattung kann die Öffentlichkeit auf Menschenrechtsverletzungen und andere Grausamkeiten aufmerksam gemacht werden; dies ist für den Dokumentationsprozess von entscheidender Bedeutung.
JournalistInnen sind erheblichen Risiken ausgesetzt
Bei dem Versuch, eine angemessene Berichterstattung zu gewährleisten, sind JournalistInnen vor Ort jedoch erheblichen Risiken ausgesetzt, die manchmal denen eines Soldaten ähneln.
Das Bild zeigt Montaser al-Sawaf, einen freiberuflichen Kameramann, der im Dezember 2023 bei israelischen Luftangriffen in Gaza getötet wurde.
Angriffe auf JournalistInnen verboten
Nach dem humanitären Völkerrecht ist das gezielte Angreifen von JournalistInnen und MedienmitarbeiterInnen im Rahmen des Schutzes der Zivilbevölkerung gemäß den Genfer Konventionen von 1949 und ihren Zusatzprotokollen verboten.
Das Bild zeigt Salih Mahmud Leyla, der im Oktober 2015 bei einem Autobombenanschlag von ISIS in Aleppo, Syrien, getötet wurde.
JournalistInnen müssen als geschützte Zivilpersonen betrachtet werden
Im Zusatzprotokoll I zur Genfer Konvention werden JournalistInnen ausdrücklich erwähnt und darauf hingewiesen, dass sie als ZivilistInnen zu betrachten sind und ihnen daher ein entsprechender Schutz zu gewähren ist. Das Protokoll stellt fest, dass der direkte Angriff auf JournalistInnen ein Kriegsverbrechen darstellt.
Das Bild zeigt den japanischen freiberuflichen Videojournalisten Kenji Goto Jogo, der im Oktober 2014 von ISIS gefangen genommen und im Januar 2015 in Aleppo, Syrien, brutal getötet wurde.
Konkrete Maßnahmen
Dementsprechend hat der Europarat konkrete Maßnahmen zum Schutz von JournalistInnen in Konfliktsituationen sowie zum Schutz der Meinungsfreiheit empfohlen.
Das Bild zeigt die Beerdigung der ukrainischen Journalistin Iryna Tsybukh, die im Juni 2024 in der Region Charkiw getötet wurde.
Nationen dürfen JournalistInnen nicht absichtlich ins Visier nehmen
Die Vereinten Nationen haben 2006 bzw. 2015 zwei Resolutionen verabschiedet, in denen die Staaten aufgefordert werden, alle vorsätzlichen Angriffe auf JournalistInnen in bewaffneten Konflikten zu unterbinden und diejenigen, die dies tun, strafrechtlich zu verfolgen.
Das Bild zeigt die Beerdigung des ukrainischen Soldaten und Journalisten Dmitri Rybakow, der im Juli 2023 in der Stadt Melitopol getötet wurde.
UN bekräftigt Anwendung des humanitären Völkerrechts auf JournalistInnen
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat im Jahr 2020 eine Resolution verabschiedet, in der die Anwendung des humanitären Völkerrechts auf JournalistInnen bekräftigt wird.
Gesetze müssen an den Bedarf angepasst werden
Auch Reporter ohne Grenzen hat nach den Angriffen auf JournalistInnen im Irak-Krieg eine Erklärung abgegeben, in der eine Anpassung der Gesetze an die dringenden Bedürfnisse der JournalistInnen gefordert wird.
Menschenrechtsmechanismen
Es gibt drei Menschenrechtsmechanismen, die für den Schutz der Rechte von JournalistInnen bei der Ausübung ihrer Arbeit besonders wichtig sind: der UN-Menschenrechtsausschuss, der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung und der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsverteidiger.
Bekräftigung der Rechte von JournalistInnen
In den letzten zwei Jahrzehnten haben Staaten, regionale Gremien und internationale Organisationen eine Reihe von Resolutionen, Protokollen, Leitfäden und anderen Initiativen verabschiedet, die die Rechte von JournalistInnen bekräftigen.
Hochgradig flüchtig
Die Realität für JournalistInnen bleibt jedoch sehr unbeständig. Sie werden wegen ihrer Arbeit entführt, gefoltert und sogar getötet, um sie und ihre KollegInnen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen.
Verpflichtungen der Staaten
Obwohl die Staaten verpflichtet sind, JournalistInnen zu schützen, bleiben die Täter, die Verbrechen gegen sie begehen, oft straffrei und bieten keine Lösung oder Rechenschaftspflicht.
Offizielle Untersuchungen werden selten durchgeführt
In den meisten Fällen werden keine offiziellen Ermittlungen durchgeführt, unabhängig davon, ob es sich bei den Tätern um staatliche oder nichtstaatliche Akteure handelt.
Mangel an wirksamen Maßnahmen
Das Fehlen wirksamer Maßnahmen zum Schutz von JournalistInnen in prekären Arbeitsverhältnissen ist ein Versäumnis der Staaten, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.
Das Bild zeigt einen Journalisten, der über Ereignisse an einem Kontrollpunkt im Westjordanland berichtet, während israelische Scharfschützen einen grünen Laser auf sein Gesicht richten.
Ausdrückliche Zusammenarbeit
Der wichtigste Schritt, den alle Regierungen zum Schutz von JournalistInnen unternehmen müssen, ist die vollständige Einhaltung der Genfer Konventionen. Darüber hinaus sollten sie ausdrücklich mit JournalistInnen und deren ArbeitgeberInnen zusammenarbeiten, um ihre Verpflichtung zu bekräftigen, keine ZivilistInnen anzugreifen.
Die Verpflichtungen der Staaten
Die Gewährleistung der Sicherheit von JournalistInnen erfordert dringend politischen Willen seitens der Staaten. Dazu zählt auch die Stärkung der Pressefreiheit und der Schutz der Vertraulichkeit, damit Medienschaffende ihre Arbeit uneingeschränkt und sicher ausüben können.
Das gezeigte Bild stammt von einem Protest im November 2024 in Kiew. Die leeren Stühle symbolisieren vermisste JournalistInnen und Kulturschaffende.
Zensur
Im Gegensatz dazu ist die Zensur weit verbreitet und ein zugängliches Instrument autoritärer Regime auf der ganzen Welt. Eine vom Komitee zum Schutz von JournalistInnen durchgeführte Zählung ergab, dass im Jahr 2023 320 JournalistInnen inhaftiert waren.
Das Bild zeigt einen Protest in Indonesien im Vorfeld neuer Rundfunkgesetze, die den Journalismus in dem Land zensieren.
Länder mit repressiven Maßnahmen
Zu den führenden Ländern, die solche repressiven Maßnahmen anwenden, gehörten China, Belarus, Russland, Israel und der Iran. In Russland können unabhängige JournalistInnen, die über russische Verbrechen gegen die Ukraine berichten, als "ausländische AgentInnen" eingestuft werden und riskieren damit bis zu 15 Jahre Gefängnis.
Auf dem Bild ist die amerikanisch-russische Journalistin Alsu Kurmasheva zu sehen, die in Russland inhaftiert war und im Rahmen eines Gefangenenaustauschs zwischen den USA und Russland in die Vereinigten Staaten zurückkehrte.
Israelisches Parlament
Im Jahr 2002 verabschiedete das israelische Parlament ein Gesetz, nach dem ausländische Nachrichtensender geschlossen werden können, wenn sie der nationalen Moral schaden oder die nationale Sicherheit gefährden. Auch der Konsum von Medien, die als "terroristisches Material" gelten, eine weit gefasste Kategorie von Informationen, wird durch dieses Gesetz kriminalisiert.
Gefährlicher Präzedenzfall
Diese groben Verstöße gegen die Pressefreiheit und die Verletzung des Rechts von JournalistInnen, ihre Arbeit unter dem Schutz des internationalen Rechts zu verrichten, stellen einen gefährlichen Präzedenzfall dar.
Was bedeutet Feindseligkeit?
Der einzige Fall, in dem JournalistInnen nicht unter den Schutz des humanitären Völkerrechts fallen, ist, wenn sie wie alle Zivilpersonen direkt an Feindseligkeiten teilnehmen. Worin bestehen die "Feindseligkeiten"? Die Produktion von Propaganda ist keine direkte Teilnahme.
Absichtlich versuchen, Schaden zu verursachen
Ein Journalist oder eine Journalistin müsste sich an Handlungen beteiligen, die vorsätzlich darauf abzielen, "dem Personal und der Ausrüstung der gegnerischen Streitkräfte tatsächlichen Schaden zuzufügen".
Wie wirken sich diese Todesfälle auf die Arbeit der JournalistInnen aus?
Jeder Konflikt, in dem JournalistInnen ungestraft angegriffen und getötet werden, schafft einen gefährlichen Präzedenzfall dafür, wie JournalistInnen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden und wie sie ihrer Arbeit nachgehen können.
Quellen: (Al Jazeera) (International Committee of the Red Cross) (The Council of Europe) (Committee to Protect Journalists) (WACC)
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